Herr Hans-Georg Möller hat Sinologie, Philosophie und europäische Ethnologie in Bonn und Shanghai studiert. Seit 2001 ist er Professor am Department für Philosophie an der Brock University in Kanada. Seine Spezialgebiete sind der Daoismus und die vergleichende Philosophie. Er hielt an unserem Institut einen Vortrag zum Zhuangzi, das neben dem Daodejing das zweite große Hauptwerk des philosophischen Daoismus ist, benannt nach dem Philosophen Zhuang Zhou (4.Jhdt. v.Ch.), dem ein Großteil des Buches zugeschrieben wird.
Möllers Interpretation nach lehnt das Zhuangzi jegliche Moral ab, da sie keine innere Überzeugung darstellt, sondern lediglich rhetorisches Mittel zur Rechtfertigung der Handlungen.
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Wer meint, moralisch zu handeln, fühlt sich im Recht, was in den unterschiedlichen moralischen Vorstellungen im Lauf der Epochen fatale Auswirkungen nach sich zieht. Das Zhuangzi fordert ein amoralisches Leben, in dem die Unterschiede nicht moralisch bewertet, sondern danach gestrebt werden soll, die Unterschiede moralfrei zu würdigen. Das Zhuangzi widerspricht somit radikal dem seinerzeit vorherrschenden konfuzianischen Ideal, den Menschen zu kultivieren, und strebt danach, die Dinge so zu sehen, wie sie "von selbst so" sind. In Möllers Ausführungen ist diese Philosophie des Nicht-Humanismus dem philosophischen Diskurs unserer Zeit sehr nah und er zieht sehr spannende Brücken zur heutigen Zeit.