22.01.2018 19:00 - 20:30

Vortrag über Chinas Atomenergieprogramm

Am 22. Januar 2018 war die Sinologin Prof. Dr. Sternfeld zu Gast im Nürnberger Konfuzius-Institut und erläuterte in ihrem Vortrag das ambitionierteste Atomenergieprogramm der Welt.

Seit dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 werden international große Hoffnungen in Chinas angekündigte Maßnahmen zur Eindämmung der Treibhausemissionen gesetzt. Nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes, sondern auch um die massiven Umweltprobleme im eigenen Land zu bekämpfen und zugleich Energiesicherheit für die Milliardenbevölkerung zu gewährleisten, hat das Land in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, Alternativen zu Kohle und Öl zu entwickeln. Zu den sogenannten „nicht fossilen“ oder „sauberen“ Energieträgern zählt dabei nach chinesischer Sprachregelung auch die Kernkraft. 

Aktuell gibt es in China 38 Blöcke, in denen mit Atomkraft Storm erzeugt wird. Der Anteil an der gesamten Stromproduktion ist mit 3 % jedoch noch relativ gering. 20 neue Blöcke befinden sich im Bau. Prof. Dr. Sternfeld gab einen kurzen historischen Überblick über die Atomforschung in China, ihren Ursprung im militärischen Bereich und die enge Kooperation mit der damaligen Sowjetunion in den 1950er Jahren. Chinas ziviles Atomprogramm begann 1985, das erste AKW ging 1994 in Betrieb. Während weltweit ein Bauboom im Bereich der AKWs in den 1970er und 80er Jahren zu verzeichnen war, und die Errichtung neuer Kraftwerke weltweit seit den 1990er Jahren und besonders seit 2011 nach Fukushima stark rückläufig ist, ist in China ein Gegentrend zu erkennen. Doch warum setzt China verstärkt auf Kernkraft? Sieht man sich den Anteil von Kohle am Energieverbrauch in China an – mit 62 % weit über dem Weltdurchschnitt von 28 % – und den damit verbundenen großen Umweltbelastungen und daraus resultierenden Gesundheitsproblemen, erhofft sich China in der relativ „sauberen“ Kernkraft sowohl Energiesicherheit wie auch einen Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz. Aus diesem Grund ist China auch eines der wenigen Länder der Welt, wo noch aktiv Forschung im Bereich der Atomenergie betrieben wird. Es ist das erste Land, in dem die sogenannte 3. Generation von Atomreaktoren ans Netz gehen soll. Und während vor 2011 innerhalb von China wenig Kritik an Atomenergie zu spüren war, ging der Nuklearunfall von Fukushima vor allem wegen der geografischen Nähe auch an der chinesischen Bevölkerung nicht spurlos vorbei. Nach großen Diskussionen wurden sechs geplante Inlandsprojekte vorerst zurückgestellt. Auch das Thema der Zwischen- und Endlagerung sowie der Wiederaufbereitung ist wie in anderen Ländern problematisch und zufriedenstellende Lösungen stehen noch aus. Doch neben der Kernenergie lässt sich auch eine rasante Entwicklung bei den erneuerbaren Energien beobachten: Die Investitionen in China im Jahr 2015 in diesem Bereich überstiegen die für Atomkraft  schon um ein vielfaches und der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung ist bereits jetzt höher als der der Atomkraft.

Prof. Dr. Eva Sternfeld ist Sinologin und forscht und lehrt seit über 30 Jahren zu den Themen chinesische Umwelt- und Ressourcenpolitik. Zuletzt lehrte sie als Gastprofessorin am Ostasiatischen Seminar der Freien Universität Berlin, davor war sie Leiterin des Center for Cultural Studies of Science and Technology in China der Technischen Universität Berlin. Von 2000 bis 2008 arbeitete sie als ausländische Expertin am Center for Environmental Education and Communication des chinesischen Umweltministeriums in Beijing. Sie ist Herausgeberin des Routledge Handbook of Environmental Policy in China (erschienen im April 2017). 

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