Das "Chinese Bridge"-Summer Camp der Zentrale der Konfuzius-Institute nach Peking, Qingdao und Shanghai zog auch dieses Jahr höchst interessierte und motivierte junge Menschen an. Eine Gruppe von 20 Schülern reiste im Juli 2016 für zwei Wochen nach China, um die Sprache und Kultur des Reichs der Mitte kennenzulernen.
Wie erwartet fiel in Peking sofort das ganz ungewohnte Klima auf – wärmer und feuchter als in der Heimat Bayern. Zusammen mit einer weiteren Gruppe vom Freiburger Konfuzius-Institut fing das China-Erlebnis trotz langen Fluges direkt an. Als erster Programmpunkt stand ein Besuch des 798-Kunstbezirks in Peking auf dem Programm, wovon die Schüler fasziniert und begeistert waren. Moderne und abstrakte Kunst der chinesischen Art gab es dort nicht nur zu sehen und anzufassen, sondern auch in zahlreichen kleinen Läden zu kaufen. In dem gesamten Bezirk schien alles künstlerisch und kreativ gestaltet zu sein – Cafés, Gebäude, Sitzbänke, Mülltonnen.
Am nächsten Tag folgte die große Herausforderung, die Chinesische Mauer zu besteigen. In China hat sie den Namen "(Wan Li) Chang Cheng": die (5000km lange) Mauer. Natürlich wurde nur ein kleiner Abschnitt davon bestiegen, nämlich "Juyongguan", einer der größten Übergänge der Mauer. Während manche Schüler wunderschöne Fotos schossen, diskutierten andere, was denn Sinn und Zweck der Mauer gewesen sei, ob sie diesen auch heute noch erfüllt, und was es wohl für ein Aufwand gewesen sein muss, sie zu errichten! In den Souvenir-Shops wurde über T-Shirts und andere Artikel geschmunzelt, die mit der chinesischen Aufschrift "Bu Dao Chang Cheng Fei Hao Han" versehen sind: "Bevor man nicht auf der Chinesischen Mauer gewesen ist, ist man kein Held".
Bei der offiziellen Eröffnungszeremonie des Summercamps lernten die Schüler, nun gemeinsam mit den Gruppen aus Heidelberg, München, Berlin und Freiburg, die Organisatoren sowohl der deutschen Seite als auch der chinesischen Seite (die Zentrale der Konfuzius-Institute – Hanban), kennen. Sie staunten über die Moderation durch chinesische Germanistik-Studenten, die erst seit wenigen Jahren Deutsch lernen, aber schon ein äußerst gutes Sprachfühl haben.
Vom 600 Jahre alten Himmelstempel, einem der Wahrzeichen Pekings, hatten viele Teilnehmer zuvor schon gehört. Der Ort, an dem die Kaiser Chinas einst beteten und fasteten, war allerdings weitaus größer, als sich die Schüler vorgestellt hatten. Obwohl die Sonne in diesem weiträumigen Park dem einen oder anderen etwas zu schaffen machte, waren alle schwer beeindruckt.
Auf dem nicht weit vom Himmelstempel entfernten Perlenmarkt Hong Qiao hatten die Schüler jede Menge Spaß, denn der Perlenmarkt verkauft neben Schmuck und Accessoires auch Kleidung aller Art, Schuhe, Taschen, Gadgets und Souvenirs. Preisschilder sucht man hier allerdings vergeblich, die Preise werden grundsätzlich mit den Verkäufern, die exzellentes Englisch sprechen, verhandelt. Manche Schüler taten sich etwas schwer, den wahren Wert der Waren abzuschätzen und dementsprechend selbstbewusst zu feilschen, andere benutzen den Trick, den sie vorher gelernt hatten: einen tiefen Wunsch-Preis nennen und weiter zu handeln. Das schien gut zu funktionieren und die meisten verließen den Markt glücklich mit großen und kleinen Taschen voller schöner Sachen. Andere verhandelten wohl so hartnäckig, dass letztendlich die Verkäuferin frustriert ihren eigenen Laden verließ und nicht wieder zurückkam. Trost bot eine Vielfalt von chinesischen Süßigkeiten und Snacks, die nach Gewicht abgewogen wurden und deren Preis genauso verhandelbar war.
Nach dem relativ kurzen aber erlebnisreichen Aufenthalt in Peking ging es mit dem Hochgeschwindigkeitszug weiter zur ehemaligen deutschen Kolonie Qingdao in der Provinz Shandong. Die fast 100-köpfige deutsche Gruppe wurde vom Shandong Foreign Trade Vocational College und freiwilligen Helfer/innen der Germanistik-Fakultät der Universität Qingdao herzlichst empfangen. Sogar ein professionelles Kamerateam war dabei. Die voreilig getroffene Annahme einiger Schüler, dass die Stadt nicht allzu groß sein kann, da man vorher noch nie davon gehört hatte, erwies sich schnell als falsch. Allein die Busfahrt vom Bahnhof zur Unterkunft zeigte schon, dass man solch eine Stadt in Deutschland definitiv (mindestens) als Großstadt einstufen würde.
Hier verbrachten die Teilnehmer eine Woche und bekamen einen ersten Einblick in die chinesische Sprache. Im Chinesisch-Unterreicht lernten sie Schriftzeichen, einfache Sätze zur Selbstvorstellung, aber auch chinesische Lieder kennen. Die Lautschrift, die auf dem vertrauten lateinischen Alphabet basiert, wurde schnell verstanden, auch wenn einzelne Buchstaben im Chinesischen anders ausgesprochen werden als erwartet. Den Schülern wurde schnell klar, warum sich Chinesen beim Deutschlernen und -sprechen mit dem Rollen des "R" so schwertun – in der chinesischen Sprache gibt es zwar ein "R", aber es wird so ausgesprochen wie im Englischen, wie etwa in "Rolls-Royce". Die größte Herausforderung stellten für die meisten Schüler die vier unterschiedlichen Töne dar, mit der ein Wort ausgesprochen werden kann. Aus Angst, das Wort "schlafen" irrtümlich als "Maultaschen" auszusprechen, wurden die Töne fleißig geübt. Gegen Ende des Qingdao-Aufenthalts erfuhren wir, dass ein Fernseh-Team Fotos, Videos und kurze Interviews unserer Gruppe machen wollte. Ein besonders mutiger Schüler entschloss sich dazu, vor laufender Kamera ein klassisches chinesisches Gedicht vorzutragen und erhielt dafür riesigen Applaus von den Mitschülern und dem Fernsehteam.
Zusätzlich zu den Sprachkursen erhielten die Schüler durch Vorstellungen und Workshops auch tiefere Einblicke in die chinesische Kultur. Beim Schattentheater sahen sie unter anderem Ausschnitte aus einem der vier klassischen Romanen, "Die Reise nach Westen". Fasziniert vom "Affenkönig" Sun Wu Kong und anderen Figuren versuchten manche nach der Vorstellung ihre eigene Show auf die Beine zu stellen. Es stellte sich heraus, dass es bei Weitem einfacher ist, sich selbst hinter der Leinwand zu amüsieren, als für die Zuschauer eine ansprechende Show abzuliefern. Ihr eigenen künstlerischen Fähigkeiten konnten die Jugendlichen beim chinesischen "Zuckerspiel", bei dem man mit Karamell Figuren "malt", beim Erstellen von roten chinesischen Zierknoten, und beim Bemalen von Masken der chinesischen Oper unter Beweis stellen.
Eine Stadtrundfahrt, unter anderem zum olympischen Segelzentrum Qingdao, zeigte den Schülern erneut die riesigen Dimensionen der Stadt auf. Die Fahrt über die Qingdao-Bucht-Brücke sorgte für staunende Gesichter, vor allem als sie erfuhren, dass es sich hierbei um die weltweit längste Brücke über Wasser handelt.
Einen tiefen Einblick in das chinesische Alltagsleben bekamen die Schüler, als sie einen Tag bei Gastfamilien verbringen durften. Zum ersten Mal sahen sie, wie eine Wohnung in China von innen aussieht; außerdem wurde den Schülern klar, was für einen hohen Stellenwert die Essenskultur bei den Chinesen im Alltag einnimmt. Die Schüler berichteten von gemeinsamen Einkäufen auf dem Markt und vom gemeinsamen Kochen von "Jiaozi", chinesische Maultaschen.
Beim Besuch einer chinesischen Mittelschule sahen die Schüler, in welchen Einrichtungen chinesische Schüler täglich Unterricht haben, oder etwa wie sie ihre Pausen verbringen. Ein Austausch mit gleichaltrigen chinesischen Schülern klärte weitere spannende Fragen. Es stellte sich unter anderem heraus, dass man in China mit vergleichsweise höherer Workload und weniger Freizeit zu kämpfen hat, die Freizeitgestaltung jedoch recht ähnlich zu der in Deutschland ist.
Durch einen Ausflug in die Stadt Qufu, dem Geburts- und Sterbeort des Konfuzius, erfuhr die Gruppe vieles über den chinesischen Philosophen, von dem die meisten vorher lediglich wussten, dass er ein chinesischer Philosoph war.
Zum Abschied von der Stadt Qingdao und dem Shandong Foreign Trade Vocational College bereiteten alle Gruppen kleine Auftritte vor. Deutsche bzw. europäische Tänze und musikalischen Darbietungen erfreuten die chinesischen Gastgeber sehr; zusätzlich hielten ein paar Schüler sogar eine Dankensrede auf Chinesisch.
Zu guter Letzt wurde noch Shanghai ein Besuch abgestattet. Neben einem weiteren Shopping-Erlebnis und einer beeindruckenden Schifffahrt auf dem Huangpu-Fluss stand auch der Oriental Pearl Tower auf dem Programm. Der Ausblick vom Fernsehturm sorgte bei manchen Schülern für ehrfürchtige Stille, andere regte er zu Diskussionen über Wolkenkratzer, Wirtschaft und Welthandel an.
Unsere Schüler konnten in eine fremde und andere Welt eintauchen und haben einen Einblick in China bekommen, den man als Tourist selten erhält. Das Essen war tagtäglich eines der beliebtesten Gesprächsthemen, da schnell klar wurde, dass es tatsächlich ganz anders ist als das Angebot in chinesischen Restaurants in Deutschland. Die Schüler stellten auch fest, dass chinesisches Essen von Region zu Region sehr verschieden sein kann. Besonders mutige Teilnehmer probierten beim Abschlussessen in Qingdao zum ersten Mal Hühnerfüße und waren vom Geschmack weniger überrascht, als sie erwartet hätten. Auf der Reise bildeten sich zahlreiche Freundschaften unter den Teilnehmern, und viele motivierte Schüler sind fest entschlossen, weiter Chinesisch zu lernen und womöglich später im Studium oder im Beruf wieder in Kontakt mit China zu kommen.