11.04.2017 18:30 - 20:00

"Chinas Traum der Neuen Seidenstraße"

Mit dem Slogan "Ein Gürtel, eine Straße", auch bekannt als "Neue Seidenstraßen-Initiative", positioniert sich die VR China unter der fünften Führungsgeneration als "globaler" Akteur mit eigenen Ordnungsvorstellungen. Umworben wird das hochambitionierte Projekt, das für den Aufbau eines weltumspannenden Handels- und Transportnetzwerkes steht und von Peking aus koordiniert wird, als Neuauflage der mythenumwobenen "Seidenstraßen"-Karawanenzüge. Wirtschaftspolitische und geostrategische Interessen werden damit erweitert um Narrative einer "neuen" regionalen und globalen Ordnung, die als Rückbesinnung auf positiv (re-)imaginierte Bilder der alten Seidenstraße präsentiert werden, über welche der Erzählung nach zahlreiche technische Innovationen nach Europa gelangten und ein reger kultureller Austausch erfolgte.

Der Vortrag von Prof. Dr. Dr. Nele Noesselt, Lehrstuhlinhaberin der Politikwissenschaft (Schwerpunkt China/Ostasien) an der Universität Duisburg-Essen, am 11. April im Konfuzius-Institut in Nürnberg erklärte die Ideen und Strategien, die der chinesischen Konzeption der Seidenstraße des 21. Jahrhunderts unterliegen, und beleuchtete ausgewählte Stränge der innerchinesischen Expertendebatten. Eine "globale" Positionierung Chinas bedingt auch eine Readjustierung der offiziellen außenpolitischen Strategie, die bislang auf außenpolitischem Understatement (taoguang yanghui-Formel) beruht hatte. Doch eben diese theoretische Neukonzeption sorgt für heftige Kontroversen. Auch auf philosophischer Ebene wird die "Neue Seidenstraße" debattiert – mit Blick auf Ordnungskonzepte und Interaktionsprinzipien, bei denen auf Grundüberlegungen der vormodernen chinesischen Staats- (und Welt-)Philosophie zurückgegriffen wird. Prof. Dr. Dr. Noesselt versuchte in ihren Ausführungen Antworten auf Fragen, beispielsweise wie Chinas regionale Nachbarn und Kooperationspartner auf die hier entworfene Weltordnung reagieren und inwiefern der Eintritt in das Netzwerk eine Übernahme chinesischer Normen und Werte erfordert, zu finden.

Nele Noesselt studierte Sinologie und Politische Wissenschaft in Heidelberg, Peking und Wien. Nach ihrer Promotion 2009 im Fach Sinologie arbeitete sie bis 2011 als akademische Rätin mit dem Schwerpunkt Chinesische Politik an der Universität Göttingen. 2012 folgte die Promotion im Fach Politikwissenschaft. Von 2011 bis 2015 war sie als Research Fellow am GIGA Institut für Asienstudien in Hamburg tätig, wo sie auch als Sprecherin des GIGA Forschungsteams Komparative Regionalismusstudien fungierte und dem Editorial Team des Journal of Current Chinese Affairs angehörte. Nach ihrer Habilitation in Politikwissenschaft ist sie seit November 2015 Inhaberin des Lehrstuhls für Politikwissenschaft (W3) mit dem Schwerpunkt China/Ostasien an der Universität Duisburg-Essen.

Aktuelle Publikation:
Noesselt, Nele (2016), Chinesische Politik: Nationale und globale Dimensionen. Baden-Baden: Nomos (UTB Studienkurs Politikwissenschaft).

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