08.05.2025 18:00 - 20:00

Aufklärung und die Ambivalenz von Modernisierungsschüben

Vortrag von Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer

Gottfried Wilhelm Leibniz bezeichnete China in seiner Schrift »Das Neueste von China« (Novissima Sinica) von 1697 als das  »Europa des Ostens«. Seither haben sich Europa und China immer wieder aufeinander bezogen. Schon Leibniz benannte Gründe für Europas Überlegenheit und mahnte zugleich ein intensiviertes Lernen von China an. Inwiefern wir heute weiter von einer Überlegenheit Europas ausgehen können und unter welchen Bedingungen dies zu erreichen ist, oder ob nicht doch China die neue Weltmacht wird, war das zentrale Thema des Vortrages. Es kamen rund 30 Teilnehmer, weitere zehn nahmen online teil. Der Vortrag war sehr kurzweilig, gleichzeitig aber ausführlich und das Publikum beteiligte sich engagiert an der Fragerunde zum Schluss.

Helwig Schmidt-Glintzer, Jahrgang 1948, ist ein deutscher Sinologe und Publizist. Er lehrte bis 2023 an den Universitäten München, Göttingen, Hamburg und Tübingen. Von 1993 bis 2015 leitete er als Direktor die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. 2016 wechselte er als Seniorprofessor zur Universität Tübingen und war Gründungsdirektor des China Centrum Tübingen (CCT). Seit 2024 lebt er in Nürnberg und leitet das EuroAsia-Institut für Kultursysteme.

Selbstaufklärung und die Gefahr der Rivalität

Er berichtete im Vortrag ausführlich über die Geschichte der deutsch-chinesischen Annäherungen und sprach viele Thesen und Gedanken an, die die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede in den Werten diskutieren. Dabei stellte er fest, dass sich China in einem dauernden Bedarf der Selbstaufklärung befinde und der Bedarf an Selbstaufklärung aber auch für die Europäer gelte. Und es stelle sich die Frage, welche Wege es aus der Gefahr der Rivalität gibt.

Eine Perspektive der Modernisierung sehe Schmidt-Glintzer in der differentiellen Kulturwissenschaft und dem Zulassen von Abgetrennten. Er beleuchtete das anhand der Installation „Schwerkraft-Arena“ des Künstlers Xu Bing im Kunstmuseum Pudong, dem Wittgensteins Gedanken von „sehen“ und „deuten“ zu Grunde liegt. Er betonte jedoch gleichzeitig, wie wichtig es in der zukünftigen China-Strategie sei, die Gefahr des zügellosen Strebens nach Macht nicht zu unterschätzen. Die beherrschende Aufgabe werde deshalb sein, diese Systemrivalität friedfertig zu halten.

Neuere Veröffentlichungen zum Thema:

Das neue China in der Reihe Beck Wissen erschien 2024 in 9. Auflage. – Im Verlag Matthes & Seitz Berlin erschien: Chinas leere Mitte. Die Identität Chinas und die globale Moderne (2018); Der Edle und der Ochse. Chinas Eliten und ihr moralischer Kompass (2022); Ironie und Wahrheit. Theorie einer weltoffenen Verständigung (2024).

Zeit: 08.05.2025, 18:00 Uhr
Ort: Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen, Virchowstr. 23, 90409 Nürnberg ODER online über zoom webinar
Eintritt: frei

Gefördert durch: